CO₂-Speichersaldo – CO₂-Emissionen der Holznutzung sichtbar machen

Deutschland will bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral werden – dabei spielen Wälder eine wichtige Rolle. Zum einen liefern sie den Rohstoff Holz, der nachwächst und mit dem CO₂-intensive Stoffe wie Stahl oder Beton sowie Energiequellen wie Kohle und Erdgas ersetzt werden können. So sparen wir Treibhausgasemissionen, die bei deren Nutzung entstehen würden. Auf der anderen Seite kann der Wald selbst CO₂-Speicher sein und dazu beitragen, die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu verringern. Diese sogenannte CO₂-Senkenleistung des Waldes steigt auf Landschaftsebene an, je weniger intensiv Wälder genutzt werden, das heißt vor allem weniger Holz geerntet wird. Bei der Frage ob die Ernte und Nutzung des Holzes insgesamt zu einer Verringerung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre führt, müssen diese Wirkungen berücksichtigt werden.

In Treibhausgasbilanzen wird meist davon ausgegangen, dass die Holzernte keine Auswirkungen auf die CO₂-Senkenleistung des Waldes hat, d.h. die Holznutzung "CO₂-neutral" ist. Das ist ein Fehler, denn ein weniger beernteter Wald würde mehr Kohlenstoff speichern als ein intensiv bewirtschafteter.

Was ist der CO₂-Speichersaldo?

Der Wald selbst kann als wachsender CO₂-Speicher dazu beitragen, die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu verringern. Diese CO₂-Speicherung – auch CO₂-Senkenleistung genannt – hängt stark von der Intensität der Waldbewirtschaftung bzw. der Holzentnahme ab. Findet im Wald eine intensivere Holznutzung statt, das heißt werden Bäume gefällt und entnommen, wird der CO₂-Speicher im Wald abgebaut. Gleichzeitig gibt es weniger lebende Bäume die weiter CO₂ aufnehmen könnten - die CO₂-Speicherleistung sinkt. Wird der Wald weniger intensiv genutzt steigt dagegen die CO₂-Speicherleistung dadurch, dass im Wald mehr CO₂ in Form von Biomasse gebunden bleibt und neu aufgenommen wird. Das Zusammenspiel dieser Effekte drücken wir als CO₂-Speichersaldo aus. Wenn wir also Holz nutzen um Treibhausgase einzusparen, müssen wir in einer Treibhausgasbilanz die Auswirkungen aller dieser Punkte in einer Gesamtrechnung berücksichtigen.

Der CO₂-Speichersaldo gibt an, wie stark die mögliche CO₂-Speicherleistung des Waldes durch die Entnahme von einem Kubikmeter Holz verringert wird. Er wird angegeben in Tonnen CO₂ je Holzentnahme in Kubikmetern (zum Beispiel 0,6 t CO₂/m³).

Wie lässt sich der CO₂-Speichersaldo bestimmen und wie groß ist er?

Nutzen wir den Wald also weniger intensiv und lassen Bäume länger wachsen, ist der Wald nicht CO₂-neutral, sondern eine Senke für Kohlenstoff. Das gilt besonders für Wälder, die noch jung und relativ fern von einem Urwaldzustand sind. Der Speichersaldo ist damit eine Art "CO₂-Rucksack", der darstellt, wie stark die CO₂-Speicherleistung verringert wird wenn ein Kubikmeter Holz geerntet wird. Berechnen lässt sich der Speichersaldo beispielsweise durch den Vergleich von zwei Szenarien, in denen das eine Szenario eine höhere, das andere eine geringere Holzernte annimmt.

In Deutschland beträgt der Speichersaldo ungefähr 600 bis 1.700 Kilogramm bzw. 0,6 bis 1,7 Tonnen CO₂ pro geerntetem Kubikmeter Holz.

Mehr Informationen zur Berechnung finden sich hier.

Was beeinflusst den CO₂-Speichersaldo?

Wie stark die Holznutzung auf den CO₂-Speichersaldo wirkt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Der CO₂-Speichersaldo verändert sich über die Zeit. Er ist für kurze Zeiträume (10-20 Jahre) meist höher und nimmt ab, wenn sehr lange Zeiträume betrachtet werden. Der Zustand des Waldes bestimmt hauptsächlich darüber, wie groß der Effekt der verringerten Senkenleistung ist. Ist der Wald jung und stark wachsend und hat auch Potenzial alt zu werden und viel Kohlenstoff zu binden (z.B. junge Mischwälder), ist der CO₂-Speichersaldo hoch. In Wäldern die instabil sind und keine Aussicht haben noch viel mehr Kohlenstoff zu speichern (z.B. ältere, geschwächte Nadelwälder), ist der CO₂-Rucksack eher gering. In einer Untersuchung von mehr als 230 verschiedenen Szenarienkombinationen von Waldbewirtschaftung in Europa und anderen Regionen der Welt wurde aber festgestellt, dass er in allen Fällen positiv ist, also die Holznutzung immer zu einer Verringerung der CO₂-Speicherleistung von Wäldern führt.

Wie kann sich der CO₂-Speichersaldo auf die Treibhausgasbilanz von Holzprodukten auswirken?

Wir nutzen Holz aus dem Wald für viele verschiedene Zwecke: als Baustoff, für Möbel, zur Papierherstellung und als Energiequelle. Angetrieben durch das Ziel der Treibhausgasneutralität spielen Wälder und Holznutzung eine wichtige Rolle. Bei Ernte, Transport und Produktion von Holzprodukten, also entlang der Prozesskette, werden Treibhausgase freigesetzt. Wälder nehmen CO₂ auf und liefern den nachwachsenden Rohstoff Holz. Das Holz hat CO₂ in Form von Kohlenstoffverbindungen gespeichert. Wird es nun für die Herstellung von Holzprodukten genutzt, wird dieser Speicher der Bäume in die Produkte überführt. Je langlebiger solche Produkte sind, desto stärker ist dieser Effekt. Bei einem Dachstuhl wird der Kohlenstoff über Jahrzehnte gespeichert, bei Papier jedoch nur sehr kurz und bei Energieholz, das zum Heizen genutzt wird, gar nicht. In den letzten beiden Fällen wird das CO₂ dann schon bald wieder freigesetzt.

Mit Holzprodukten können CO₂-intensive Stoffe und Energiequellen ersetzt und so der CO₂-Ausstoß verringert werden. Dies nennt man Substitution. Um Substitutionseffekte zu berechnen, muss für die ersetzten Stoffe und Energiequellen eine eigene THG-Bilanz berechnet und den Emissionen des Holzprodukts gegenübergestellt werden.

In Treibhausgasbilanzen von Holzprodukten muss zudem berücksichtigt werden, wie sich die Holzentnahme auf die Speicherleistung auf der Waldfläche verändert. Der CO₂-Speichersaldo drückt diesen Zusammenhang aus und kann als ein Abschlag in die Treibhausgasbilanz hinzugerechnet werden. Dadurch ändert sich die CO₂-Bilanz der Holznutzung, besonders für die direkte Nutzung als Energieholz.

Eine Holznutzung ist aus Sicht der Atmosphäre nur dann sinnvoll, wenn die THG-Emissionen des Holzprodukts geringer sind, als die THG-Emissionen ersetzter CO₂-intensiver Stoffe oder fossiler Energiequellen. Denn: laut der Erneuerbaren Energien Richtlinie (RED II) soll mit der Nutzung von Energieholz mindestens 70% weniger an Treibhausgasen ausgestoßen werden als mit der Nutzung der fossilen Referenz. In diese Bilanz muss der CO₂-Speichersaldo einfließen.

Beispielrechnungen zur Integration des CO₂-Speichersaldos in THG-Bilanzen finden sich hier.